Gun Show

Heute waren wir nach dem Frühstück kurz bei „Boot Barn“ was einkaufen (eine Wrangler Cowboy Cut in 35/36 für knapp 40$, das sind umger. knapp 30 €), und danach waren wir auf einer „Gun Show“. Es wurde nicht geschossen, es war eher wie ein Flohmarkt in einer großen Halle, wo alle möglichen Waffen zum Verkauf angeboten wurden. Von Pistolen über Gewehre und halbautomatische Waffen bis hin zu Messern und Taserwaffen (Elektroschocker) war alles dabei. Und zwar in allen möglichen Formen und Größen, dazu kommt noch palettenweise Munition für alle Kaliber. Es wurden brandaktuelle Sachen, Waffen aus den beiden Weltkriegen, dem amerikanischen Bürgerkrieg und noch weit davor zum Verkauf angeboten. Bei den Messern waren teilweise echte Kunstwerke dabei, einige Griffe und Klingen waren kunstvoll gearbeitet und echt nett anzusehen.

Ich wusste ja aus den Medien wie bekloppt die Amis nach Waffen sind, daher war ich nicht sonderlich überrascht als ich mittendrin war. Interessanter als all die Gewehre und Pistolen fand ich allerdings die gesammelten Stücke aus dem zweiten Weltkrieg. An jedem fünften Stand gab es Hakenkreuzfahnen oder -sticker zu kaufen. Einer hatte sogar einen verzierten Dolch und den Original Kampfhelm eines SS-Offiziers da.

Hier mal ein paar Eindrücke:kIMG_1222

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Ich muss ganz ehrlich sagen, dass die ganzen Waffen ein bißchen ihren Schrecken verlieren, wenn man da mittendrin ist. Überall liegen Schusswaffen und scharfe Munition rum. Aber für die Amis ist das wie ein Hobby, so wie Angeln oder Golf Spielen für die Europäer. Alle sind relaxt, fachsimpeln oder stöbern durch die alten Schätzchen.

Diese Allgegenwart von Schusswaffen ist für die meisten Europäer – mich einschließlich – sehr befremdlich, und ich wollte von einem echten Amerikaner der Waffen liebt mal wissen, wo diese Liebe zu den Waffen denn nun herkommt. Jeff hat es mir versucht zu erklären: Die Einstellung zu Waffen ist historisch gewachsen. Als die Engländer und die Spanier Amerika eroberten bzw. besiedelt haben, mussten sie sich gegen verschiedene Dinge verteidigen, entweder Indianer die Ihnen (verständlicherweise) ans Leder wollten, Bären, Wölfe, Kojoten oder sonstige wilde und hungrige Tiere, oder andere „böse“ Menschen. Es gibt dem Amerikaner schon von jeher ein Gefühl von Freiheit, wenn er weiss dass er seine Familie ernähren und vor vierlerlei Gefahren beschützen kann. Natürlich schwingt da auch ein gewisses Gefühl von Macht mit. Das Recht zum Tragen einer Waffe zur Selbstverteidigung ist sogar in der amerikanischen Verfassung verankert (siehe Wikipedia-Artikel über den zweiten Zusatzartikel hier). Darüberhinaus ist es weit draußen in der Wildnis hilfreich, jagen zu können. Als Jeff noch in Nevada gewohnt hat, war die Kühltruhe immer mit Wild gefüllt das er selbst erlegt hat. Keine Massentierhaltung, kein GMO usw. Er hat nie Fleisch aus dem Supermarkt gekauft. Zum Thema Beschützen hat er ein treffendes Beispiel genannt: Wenn du merkst dass jemand gerade in dein Haus einbricht oder dich sonst irgendwie in Deinem Haus oder auf Deinem Grundstück bedroht, wie lange braucht hier draussen die Polizei bis sie bei Dir ist? Dann hab ich doch lieber eine Waffe da. Einbrecher werden hier einfach an- oder erschossen anstatt sie laufen zu lassen. Und mal ganz ehrlich: Wenn bei uns in Kommern nachts einer in meine Wohnung einsteigt, was mach ich dann? Die Bullen rufen? Die brauchen von der Wache in Schleiden mindestens eine halbe Stunde! Einen scharfen Wachhund hab ich nicht. Also bin ich ihm schutzlos ausgeliefert, es sei denn er ist ein schmaler Henfling und er hat keinerlei Waffen dabei und ich kann Karate. Ist meistens beides nicht der Fall. 90% aller Wohnungseinbrüche in D bleiben unaufgeklärt, weil die Täter keine verwertbaren Spuren hinterlassen. Die Möglichkeit demjenigen ins Bein zu schießen und unschädlich zu machen bis das die Polizei kommt fänd ich gar nicht sooo schlecht. Aber ich denke genau das ist der Punkt, wenn das jeder darf wird es auch viel eher eingesetzt, und Menschen sterben dann viel schneller. Jetzt könnte man argumentieren: Ja wenn ich jemanden umbringen möchte geht das doch auch so ganz einfach, jedes Küchenmesser kann zum Töten eingesetzt werden. Ja aber mit Schusswaffen geht es viel einfacher und vor allem auf Distanz. Sehr kompliziertes Thema finde ich …

Interessant ist auch, dass die Japaner im zweiten Weltkrieg Pläne geschmiedet hatten, in den Westen der USA einzumarschieren. Vor dem Militär hatten sie keine Angst, aber da die Landbevölkerung hier mit ihren Winchester Gewehren den japanischen Militärs weit überlegen war was Präzision und Reichweite anging, haben die Japaner diese Pläne wieder verworfen. Sie hatten gehört dass der Westamerikaner nicht mit einem ganzen Magazin voller Patronen zur Jagd geht, sondern nur mit einer einzigen Patrone. Er brauchte nur eine. :-)

Für den Fall das dieser Text den Eindruck erweckt, ich würde nun Gedanken hegen mir eine Waffe zuzulegen oder in den Schützenverein einzutreten, das ist absolut nicht der Fall! Ich bin ein durchaus friedliebender Mensch und bin absolut gegen Zustände wie hier in Amerika was Schusswaffen angeht. Ich versuche mich nur in die Kultur hineinzuversetzen und zu verstehen, warum die hier alle so drauf sind. Es sind immerhin weit über 300 Millionen Bekloppte ;-) .

2 Gedanken zu „Gun Show

  1. Frank

    Ausgezeichneter Artikel! Ich wäre auch so gerne auf dem „Flohmarkt“ gewesen. Da sind ja so tolle Dinger dabei. Ich finde die Schießkunkst übrigens genauso interessant wie die Reitkunst. Bei dem einen ist es nicht nur „draufhalten“ (insbesondere wenn man auf sehr lange Distanz schießt), so wie bei dem anderen nicht nur „draufsetzen“. Also weiter so Youngvaqero!
    PS: Das mit dem selber Jagen gehen finde ich sehr gut. Da bekommt man die ganze „Verarbeitungskette“ mit und holt nicht nur nen Stück Fleisch ab. Man bekommt aus 1. Hand mit, dass es LEBEN war. So halten sie es übrigens auch in Namibia.

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  2. Rübi

    Hallo Thomas,
    toller Artikel! Nur kurz am Rande — auch Inhaber einer scharfen Waffe, die Ihre Schießkunst ausschließlich im Schützenverein unter Beweis stellen, können durchaus sehr friedliebend sein. Die Verknüpfung zwischen Schusswaffen, Amokläufern, Chaoten, ist erschreckend hoch. Du kannst die Einbrecher aber auch mit der Kettensäge in Schach halten, bis die Bullerei angeflogen kommt ;-)
    LG vom Holzfäller, der keinen Revolver trägt

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